Dieser Text enthält zweimal das Wort Enthaltsamkeit. Enthaltsame oder frigide Menschen könnten also an ihm, dem Text, einen gewissen Reiz entdecken.
Was passiert, wenn man zuviel sieht und wenn man zuviel sehen möchte? Was passiert, wenn man zuviel hört und zuviel hören möchte? Was passiert, wenn man zuviel erlebt und zuviel erleben möchte? Ich glaube es passiert gar nichts, denn man bleibt ja immer noch derselbe. Denkmuster verändern sich langfristig, aber auf ein Jahr gesehen, bleibt man doch derselbe. Was mir schon länger nicht mehr in den Sinn gekommen ist, ist die Tatsache, dass arte – der deutschfranzösische Fernsehsender mit dem gelben Untertitel, der zumindest in Deutschland immer gelb war – ein sehr interessantes Fernsehprogramm bietet, so lernt man dort Neues über Punk/Metalarten. Ein japanischer Gitarrist erzählt, dass seine Mutter in der Stahlfabrik seines Vaters arbeitet und er selbst auch während Tourneepausen dort schafft, wie man so sagt inner Palz, es sei also sein zweiter Metal-Beruf. Dieser Punkt brachte mich zum Grübeln über Größeres. Um was geht es also im Leben? Denn davor kam ein Bericht über Twilight und die darin enthaltene Enthaltsamkeit also nicht_Sexualität. Dieser Lebensstil, verkörpert in äußerst erfolgreichen Vampir-Büchern, brachte mich zur Erkenntnis, dass es im Leben um Technik und Zwischenmenschliches geht. Ein Endprodukt unter vielen ist die Musik. Sie zu erschaffen und zu konservieren erfordert einen Haufen menschlicher Arbeit und noch mehr menschliche Arbeit die als versunkene Kosten in der Technik stecken. Herrgott Mankiw, was hast du aus mir gemacht? Besonders schön in der Musik ist die Chromatik, also Halbtöne an Stellen, an denen man keine erwartet. Hier in chronologischer Reihenfolge drei schöne Beispiele für Chromatik: Arlésienne Suite #2 von Bizet, Wagner allgemein und natürlich Eishockeystadion-Publikums-Aufheiterungsmusik.
Ein paar ungeordnete Fragen zum Schluss:
1) Wieso sind japanische Filme entweder verdammt blutig oder verdammt kühl? Wieso wirkt Tokio trotz Millionen von Menschen nie hektisch?
2) Wieso bemerkt man so selten, dass die Luft auch etwas ist, also, dass da nicht nichts ist? Mir wurde das erst bei Nebel und Bäumen klar, da kam ich mir vor, wie in einem künstlich geschaffenen Raum in einem PC-Spiel.
3) Wieso gibt es ein paar Konstanten im Leben, die sich praktisch nie ändern und wenn sie sich doch ändern, dann ist das Weltbild zerrüttet? Das Schicksal ereilte mich diese Woche, als ich ein paar Tage in einer Jugendherberge verbringen durfte. Jugendherbergen waren immer ein Ort der Enthaltsamkeit und des Friedens. Klar die Schülergruppen, die ihren Betreuenden dort hin folgen, tragen allerlei frivole Geschichten aus, aber echte Abgründe gibt es dort doch nicht. Auch wenn ein bisschen rebelliert wird, mit Alkohol gegen die Betreuenden, mit Tabasco im Früchtetee der Caféteria oder mit unfairen Kantenschlägen beim Rundlauf, morgens verschlafen, abends zu spät ins Bett gehen, vielleicht ein bisschen fummeln, aber das wars doch auch schon was an schlimmen Dingen passiert, echte Schicksale finden woanders statt. Dachte ich zumindest, bis mich der rumknutschende Zivildiener mit einer älteren Dame aus dem Konzept gebracht hat. Auch die echten Menschen, die dort arbeiten sind nur Menschen und keine Engel. Sicherlich unterstellt niemand, dass in Jugendherbergen (zumindest in pfälzischen Landen gelegene) Wesen mit Flügeln herumschweben, den Teekanister immer schön auffüllen und abends immer schön darauf achten, dass niemand lärmt, aber wer den Beruf Herbergsvater sein eigen nennen darf, dem darf doch bitte schön ein gewisser Grad von Gutmenschentum unterstellt werden.