Monatsarchiv: Mai 2017

Cameron Carpenter in Konstanz

Es gibt viele Möglichkeiten den Gehalt eines Konzerts zu beurteilen: Eine Messgröße ist das Spiel mit den Erwartungen und Vorurteilen hinsichtlich des Interpreten und die Überraschungen, die selbst reflektierte Besucher erwarten. Der Interpret des Abends wusste mit den Vorurteilen über sich umzugehen. „Zu wild“, „zu unorthodox“, „respektlos“, „zu unmusikalisch“, „zu oberflächlich“, alles, aber nicht nah dran an der historischen Aufführungspraxis. Und mit dem Eröffnungsstück, das wie Wagner auf Vodka und Kokain[1] klang, erfüllte er die übelsten Erwartungen. Viel zu laut, komplett undurchsichtig, eine riesige Wolke, die Schlimmes für die kommenden 90 Minuten erwarten ließen. Doch mit dieser Ouvertüre sollten nur die Ohren durchgepustet werden, danach ging es mit einem anderen Stück, dazu gleich mehr, erst richtig kalibriert. Der Überraschungseffekt war geglückt, überaus wohlwollende Rezensenten könnten diese Aktion sogar als Selbstironie benennen, doch dazu will ich mich nicht hinreißen lassen. Vielleicht hat er sich ja wirklich vertippt.[2]

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