Monatsarchiv: Mai 2011

Beim nächsten Mal geht’s wieder um Filme.

Ich fühlte mich am vergangenen Samstag mehr wie in einer Backstube als in einem Konzertsaal. Gut, der obere Raum des Konstanzer Konzils erinnert sowieso mehr an einen wumsnormalen Mehrzweckraum, aber die Musik, die Sharon Kam machte, erinnerte viel mehr an tausend kleine und große Leckereien, die Stück für Stück zubereitet wurden. Dabei waren aber nicht so die Zutaten das besondere (ich wusste ja schon vorher, dass Webers zweites Klarinettenkonzert gespielt würde) sondern die liebevolle Ausgestaltung jeder Phrase, der Beginn und das Ende jeden Tons waren das wirkliche Highlight. Das dezent begleitende SWR-Sinfonieorchester Baden-Baden tat durch seine saubere Intonierung den wachen Ohren der Abonnementbesitzer gut. Der Weber ist aber kein normales Paradestück. Wahrscheinlich weil er so schlicht, aber schmuck geschrieben ist (Weber eben) und nur am Ende des dritten Satzes mit den Tonleitern den Solisten die Möglichkeit bietet, ihre Pforten zu öffnen und dem Publikum Einblicke in das jeweilige technische Können zu gewähren, wirkte die Mozart Sinfonie (#35 aka Haffner-Moped) am Ende des zweistündigen Konzertabends wie ein richtiger Rausschmeißer: ein ganzes Orchester, das in vollen Schwung gebracht wurde, überwältigt akustisch doch mehr, als nur ein einziges Holzblasinstrument. Doch lassen sich auch noch jetzt, also drei Tage später, nicht ausreichend preisende Worte finden, um Sharon Kams Spiel zu loben. Nicht nur, dass sie durch ihre regen Augen- und Körperbewegungen mit der Zuhörerschaft mehr kommuniziert hat, als mancher Student während eines Referats, sie hielt die musikalische Spannung bis zum Schluss. Denn als das finale Rondo begann, zweifelte ich kurz an dem Verstand der Verantwortlichen auf der Bühne: „Bisher schon so unaufgeregt gespielt und jetzt auch noch so langsam diesen Satz einzuläuten…tsstss!“. Aber als klar wurde, dass das alles nur ein Bluff war, klappte mir die Kinnlade runter: Denn zum musikalischen Risiko das gesamte Konzerte durch die ganzen Schleifchen auf jeder Note zu überladen, bürdete sie sich das technische auch noch auf. Wie Glissandi wirbelten die Läufe aus ihren Fingern heraus und entzückten alle im Saal. Um bei der Teigwarenmetapher zu bleiben: Sie verpackte den Inhalt (ihre würzig-süße Musikalität) in allerdünnstes Pergamentpapier (Technik), um dem Nabel des Bodensees zu zeigen, dass neben Sabine Meyer ein zweiter weiblicher Weltstar existiert, der es verdient auch zu bedeutenderen Festivals als dem hiesigen „Bodensee-Musikfestival“ als „Artist in Residence“ vorzustehen.

Gott bin ich froh, nicht für den Südkurier schreiben zu müssen, sonst müsste ich mir noch was über Ravel und Debussy aus den Fingern saugen, die an diesem verregneten Konzertabend auch noch gespielt wurden.

Zum Glück gibt es das SCH

Es gibt Filme, die leben von einer einzigen Idee, so zum Beispiel „O‘ Horten“, einem norwegischen Kleinod über den gleichnamigen Bahnfahrer, der in den Ruhestand geht und seine Liebe zum Leben neu entdeckt. Es gibt Filme wie z.B. „die Thomas Crown Affäre“ mit Steve McQueen, der zu Beginn einen unspektakulären Coup und die restlichen 80 Minuten das Liebesleben dieses professionellen Kriminellen zeigt. Beide genannten Beispiele stehen für einen Typus Kino, der von der Klarheit der Struktur, von der Unaufgeregtheit der Akteure und von ausgesuchten stimmigen Bildern leben. Ganz gleich ob Eisenbahnen durch das verschneite Norwegen fahren oder Segelflugzeuge, die über nordamerikanische Wälder fliegen. Auf beide Filme muss man sich einlassen, denn das Leben des Protagonisten und seine Einbettung in die Gesellschaft ist praktisch alles, außerhalb davon geschieht nicht viel. Doch sie laufen auch Gefahr für den Zuschauer auseinander zu fallen, denn durch das bewusst langsame Erzählen der Geschichte, hat man Zeit sich zu fragen wohin das noch führen. Weiterlesen

Schweiz (2xkurz), Schweden (1xmittelkurz), Fliegen (3xkurz) und Fahrradfahren

Auch wenn trotz BahnCard viel Geld für eine Zugfahrt durch die Schweiz bezahlt werden muss, so ist das Geld gut angelegt. Gemütlich fährt es sich mit dem Regionalzug[1] durch hügelige Landschaften. Lässt man freundlich nickend Schaffnerin[2] und Grenzbeamte passieren, auch wenn man nur die Hälfte versteht und sagt mindestens dreimal merci, obwohl man überhaupt nicht in der Nähe der französischen Schweiz ist, wird die Fahrt nach Zürich Klöten (da wo der Airport steht) rundum entspannt. Auch wenn ich den Flughafen Frankfurt aufgrund seiner Erreichbar- und Übersichtlichkeit für ganz praktisch halte, so muss man doch teilweise ziemlich weite Wege gehen, um dahin zu kommen, wo man hin will: zum Beispiel vom Parkplatz zum Terminal (ähem) oder vom Terminal zum Gate (ähemähem). Der Flughafen Zürich hingegen ist ein Flughafen der kurzen Wege, schwuppdiwupp aus dem Zug auf die Rolltreppe und schon steht man wie Harry Potter, der die Telefonzelle ins Zaubereiministerium genommen hat, mitten im Terminal. Gerne hätte ich zwecks Orientierung auch einen Mr. Weasley dabei gehabt, denn es ist dort zwar alles nicht so riesig wie in Frankfurt, aber schlecht beschildert und voller asiatisch aussehender Menschen, die scheinbar auch nicht so wirklich wissen wo sie hin müssen. Aber nach zwei Monaten in denen ich praktisch nur meine Mitbewohnerin, ein paar Kommilitonen und mich selbst im Spiegel gesehen habe, war ich über den Trubel ganz froh: Rauskommen aus dem Kaff und was erleben. Weiterlesen